September 30, 2009

Determination and Freedom


The question of determination and free will has recently been very lively discussed with regard to neurobiology and its supposed proof of man’s determined nature. Yet, there are several direct objections that can be made from a philosophical point of view. Moreover, the question whether this relation must specifically be described in biological terms or whether such a description could even be adequate should be asked.

When biology states that all mental phenomena are identical with neurological phenomena a determination of mental actions does not necessarily follow. Obviously, an individual person cannot be described as free when she could act differently in any given situation. The same circumstances given, the individual would have to be called instable and maybe even schizophrenic when her actions were not determined by her personality. Personal preferences and convictions are what form the individual (cf. Pauen, 2005).

Thus, a certain determination by the environment through the personal development is always present. If neurobiology assesses that mental phenomena are identical with neurological phenomena, this actually has to mean that personal decisions can be described in mental as well as in neurological terms. The descriptions must be identically adequate.

Another argument against the much feared neurobiological determination of man can be made by verifying the foundations of natural science. If the objective observer in natural science were not free to observe objectively, her assertions of free will’s absence based on her observations could not make sense according to the requirements of natural science (cf. Heidelberger, 2005).

The question of determination compared to freedom is actually not a specifically neurobiological question. It has been discussed in philosophy for many centuries in various forms. It could even be traced back to religious discussions of the nature of man in relation to God. The point around which any of these arguments evolves explicitly or implicitly is the question of responsibility. Asking whether someone is free or not only makes sense when we want to hold her responsible for her actions.

Therefore, the assertions that a human being has a free will or that she is completely determined do not hold any useful information and do not point to any course of action in themselves. If she were completely determined (without any level of even personally determined decision), no suggestion how she should be treated would make any sense. The persons who were supposed to treat her would be equally determined. If she were completely free – that is not influenced by her environment at all – suggestions to human beings would be futile as they were not to reach by them.

Consequently, the point to investigate is the balance between determination and free personal choice. As this discussion (and the study of man in general) is centuries – even millenias old, it seems strange to try to solve it by using neurobiological arguments. Neurobiology and even the natural sciences as we know them today have only entered the cultural stage very recently – barely a couple of decades respectively a century ago. Information about human life and human beings has been gathered and discussed for so much longer. It seems far more adequate to turn to these older discourses or at least to consider them as well to investigate such a foundational question.


Sources
Heidelberger, Michael. “Freiheit und Wissenschaft! Metaphysische Zumutungen von Verächtern der Willensfreiheit.“ Neurowissenschaften und Menschenbild. Eds. Eve-Marie Engels and Elisabeth Hildt. Paderborn: Mentis, 2005, 195-219.

Pauen, Michael. “Keine Freiheit in einer determinierten Welt? Neurowissenschaftliche Erkenntnis und das menschliche Selbstverständnis.“ Neurowissenschaften und Menschenbild. Eds. Eve-Marie Engels and Elisabeth Hildt. Paderborn: Mentis, 2005, 171-193.

September 25, 2009

Spaziergänge durch die Erinnerungslandschaft


Die Erinnerung hat ihre Tücken. Besonders ärgerlich fällt dies auf, wenn man Gelerntes nicht mehr abrufen kann. Doch manchmal hilft ein Trick – ruft man sich die Umgebung, in der man gelernt hat, ins Gedächtnis, findet man oft auch den Zugang zu den gesuchten Inhalten wieder. Wenn das innere Auge z.B. den Schreibtisch abtastet, wird auf einmal auch die dort gelernte Lektion wieder zugänglich. Wieso funktioniert diese Vorgehensweise eigentlich?

Beim Anwenden dieser Erinnerungstechnik scheint es fast so, als erlebe man die neuronale Organisation des eigenen Hirns ganz plastisch. Informationen werden vom Gehirn in neuronalen Verknüpfungen eingelagert. Je mehr verschiedene Verknüpfungen, desto leichter ist das Gespeicherte abrufbar. Aber es gilt eben auch, dass die Erinnerungen über verschiedene Wege erreichbar sind. Ist der direkte Weg versperrt, kann man versuchen, die unmittelbare neuronale Umgebung zu durchforsten. Manchmal findet man so ganz plötzlich einen alternativen Zugang.

Im übertragenen Sinne schreitet man also die räumliche Landschaft des eigenen Gedächtnisses ab. Man möchte zu einem bestimmten Zimmer, das aber aus unerklärlichen Gründen versperrt ist. Auch noch so festes Rütteln an der Klinke nutzt nichts. Bricht man nun zu einem Spaziergang durch die umliegenden Räume auf, kann es sein, dass sich dort plötzlich eine Hintertür auftut. Sollte sich hier ein Gleichnis verstecken, das an die alte „mit dem Kopf durch die Wand“-Redensart anschließt? Jedenfalls sieht es so aus, als sei in Momenten der geistigen Blockade ein Spaziergang immer noch die beste Medizin.

September 02, 2009

Das Ich und das Hirn


Obwohl die Biologie seit Kurzem immer wieder Angriffe auf die Subjektivität, die Willensfreiheit und eine philosophisch gefasste Ethik unternimmt, bleibt vieles innerhalb ihres Vokabulars ein Rätsel. Wie ich bereits im Beitrag "Ethics Can Only be Described by Moral Understanding" (geposted Juli 15, 2009) ausgeführt habe, scheint es logisch unmöglich, einen Sachverhalt mit einer Theorie erklären zu wollen, der in dieser Theorie gänzlich unsichtbar bleibt. Mit einem Ansatz, der versucht, wissenschaftlich objektiv zu sein, kann demnach keine moralische Bewertung beschrieben werden. So weichen viele (Neuro-)Biologen darauf aus, die zur subjektiven Erfahrung gehörenden Bereiche schlichtweg als Illusionen zu bezeichnen. Wenn Ethik allerdings in unseren Kulturen vorkommt (und das Bestehen der Goldenen Regel als eines der ältesten Zeugnisse moralischen Denkens lässt sich z.B. einige Tausend Jahre zurückverfolgen vgl. Rentsch, 1990 259) und es in entsprechenden Diskurs tatsächlich um Bewertungen geht, dann läuft die Ignoranz der Naturwissenschaften auf schlichtweg unwissenschaftliche Borniertheit hinaus.

Ich denke, dass die Debatten, die um Abtreibung, Religion, Stammzellenforschung und so weiter geführt werden, sich nicht als reine Auseinandersetzungen mit den kulturellen Gepflogenheiten beschreiben lassen. Es geht den Teilnehmern hierbei nicht darum, auszuhandeln, welche Verhaltensweisen in welchen Kulturkreisen normal oder angemessen sind, sondern darum, zu bestimmen, was moralisch richtig ist. Darum brauchen wir bei der Debatte um Ethik ein anderes Denkmodell als das Biologische. Ich würde sogar wagen, zu behaupten, dass das biologische Vokabular uns bei keinem Sachverhalt weiterhilft, der sich darum dreht, was es heißt, menschlich zu sein.

Der philosophische Streit, der dem heutigen Diskurs zugrunde liegt, ist bereits alt und lässt sich am Leib-/Seele-Problem festmachen. Unlängst wurde ein Interview mit dem Tübinger Philosophen Manfred Frank veröffentlicht, in dem die grundlegenden Schwierigkeiten in dieser Hinsicht wunderbar klar und deutlich werden: "Der Mensch bleibt sich ein Rätsel". Es ist ein Gespräch über den Streit zwischen Hirnforschung und Philosophie über die Freiheit (und das Selbst-Bewusstsein) des Menschen. Abgesehen davon, dass es in verständlichem Ton alle wichtigen Punkte anspricht, bringt Frank in einem Satz das Ausschlaggebende auf den Punkt: "Alles Wesentliche, das wir mit dem Gedanken der Menschheit verbinden, verknüpfen wir doch mit dem Gedanken der Subjektivität und nicht mit unserer Vorstellung vom Gehirn"(ebd. 53). Auch wenn Frank im Gegensatz zu den postmodernen, poststrukturalistischen Sichtweisen, denen ich anhänge, eine eher konservative Position zukommt, ist das Gespräch doch höchst lesenswert und ordnet die Problematik in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang ein.



Sources
Rentsch, Thomas. Die Konstitution der Moralität – Transzendentale Anthropologie und praktische Philosophie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1990.
Schnabel, Ulrich und Thomas Assheuer. "Der Mensch bleibt sich ein Rätsel". DIE ZEIT Nr. 36 vom 27. August 2009, 52-53.

September 01, 2009

Being Free – Being Dynamic


We are not alone in this world. Moreover, we cannot exist without intersubjectively communicating with other human beings (cf. “Images: Reflecting the Other” posted August 29, 2009). What can it mean to be free if we are never actually free of other human beings? I do not think that we should actually wish to be free of others. Without communicative cultural reality all that we call humanity or humaneness would not be possible. We might biologically exist without others, yet, our language, our modes of thought, our ethics, even our emotions would not be the same. Our whole perception and understanding of the world depends on our culturally learned appreciation of them (cf. e.g. Greiner, 2005; Wallner, 2002).

Freedom must then be limited with regard to romantic (or natural scientific) illusions we have. Yet, even using the term limitation can only make sense when these illusions are held upright to some extent. Let us dismiss them completely. We should accordingly no longer talk about a limitation but about a new conception. Freedom within an intersubjective framework can only be defined when the nature of intersubjective existence is clarified. I suppose that we exist in narrational contexts. Our relation to other human beings consists of telling stories to an audience and thus designing images in which we live – necessarily together with them.

Are we free to tell our personal story as we like it? Of course not. We are influenced by the narrative strategies we have been taught and the images that already exist interwoven with the space of existence that we claim at a certain moment of time in a certain culture. Additionally, the application of an egotistic narrational style would mean that we limited the narrative space of others, thereby foreclosing cross-fertilizing our own imagery. Moreover, the immoral impediment of others would in the end redound upon ourselves, as we can only prosper in truly inter-communicative environments.

Besides the intersubjective and sociohistoric setting framing our possibilities of story-telling we are influenced by the way others include us in their stories and by the motifs they develop. Yet, we can add our own perspective to the overall picture and hence have our personalities included in and dynamically enhanced by others’ stories and images. The more dynamically and openly we enter into the inter-communicative reality the greater our possibilities of advancement will become. A positive side-effect is that the larger the amount of stories we are involved in, the firmer our personality can be. It might be necessary to find the right balance between enough narrative involvement to be firmly backed up and too much narrative involvement in too many different kinds of stories – so that our personality’s outlines are blurred. Still, a personality is too intersubjective to be developed and sustained alone. Freedom thus means to be dynamically involved in inter-communicative reality.


Sources
Greiner, Kurt. Therapie der Wissenschaft – Eine Einführung in die Methodik des Konstruktiven Realismus. Culture an Knowledge 2. Frankfurt a.M.: Peter Lang, 2005.
Wallner, Fritz. Die Verwandlung der Wissenschaft – Vorlesungen zur Jahrtausendwende. Ed. Martin Jandl. Constructiviana – Interdisziplinäre und interkulturelle Wissenschaftstheorie 1. Hamburg: Dr. Kovac, 2002.